Tokenisierte Währungen

wCBDC – Warum Banken jetzt mitgestalten sollten

Thomas Ambühler PPI AG

Thomas Ambühler

Managing Consultant

  • 09.09.2025
  • Lesezeit 4 Minuten
Digital Currency
Key Takeaways
  • WCBDC könnte Banken Einsparpotenziale, Effizienzgewinne und Innovationsmöglichkeiten bieten.

  • Internationale Projekte zeigen bereits die Relevanz dieser Technologie.

  • Banken riskieren, zentrale Marktchancen zu verpassen, wenn sie in der Entwicklung nicht aktiv mitwirken.

Die wholesale Central Bank Digital Currency (wCBDC) könnte den internationalen Zahlungsverkehr revolutionieren. Wieso ist es gerade für Banken entscheidend, bei der Entwicklung mitzureden? Welche Technologien stehen dahinter, und welche globalen Entwicklungen könnten richtungsweisend sein?

Warum Banken jetzt handeln müssen

Die Finanzwelt steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Mit der Einführung der wCBDC entstehen neue technologische Standards, die den Zahlungsverkehr schneller, sicherer und kosteneffizienter gestalten können. Die EZB arbeitet mit Nachdruck an der Tokenisierung von Zentralbankgeld. Die Frage, vor der Banken stehen, lautet: Bleiben sie nur Beobachter oder gestalten sie aktiv mit?

wCBDC der EZB: Ein Blick auf Pontes und Appia

Die Europäische Zentralbank setzt bei der Entwicklung der wCBDC auf die Plattformen Pontes und Appia, die Distributed-Ledger-Technologien (DLT) zur Abwicklung von Interbank-Transaktionen nutzen werden. Pontes dient als Testfeld, um herauszufinden, wie Zentralbankgeld in tokenisierter Form effizient und sicher genutzt werden kann – Appia soll die langfristige Lösung werden.

Was wurde getestet?

In bisherigen Testphasen analysierte die EZB, wie Finanzinstrumente tokenisiert und interoperabel zwischen Marktteilnehmern übertragen werden können. Dabei wurde besonderes Augenmerk auf die Cybersicherheit und die Anpassung an bestehende Finanzsysteme gelegt.

Technische Details zu Pontes und Appia

Einen detaillierten Blick auf die technische Funktionsweise dieser Plattformen bietet mein Artikel im IT-Finanzmagazin: Wie die EZB Zentralbankgeld tokenisieren möchte.

Weltweite Initiativen: Die internationale Marktlage

wCBDC ist längst nicht nur in Europa ein aktuelles Thema. Weltweit experimentieren Zentralbanken und andere Institutionen mit ähnlichen Technologien:

  • Schweizerische Nationalbank (SNB) – Projekt Helvetia: Hier wird die Abwicklung von Interbank-Transaktionen auf einer DLT-Plattform getestet.
  • Monetary Authority of Singapore (MAS) – Projekt Ubin: Der Fokus liegt auf grenzüberschreitendem Zahlungsverkehr.
  • South African Reserve Bank (SARB) – Projekt Khokha: SARB nutzt DLT zur Abwicklung von Zahlungen im Inland.
  • Bank for International Settlements (BIS): Die BIS treibt globale Innovationen voran, unter anderem mit Projekten wie mBridge (CBDC-Verknüpfung), Mariana (Smart-Contract-Automatisierung) und Agora (Blockchain im globalen Handel).

Die Chance, Effizienzvorteile zu realisieren

Ein zentraler Vorteil von wCBDC liegt in der Effizienz. Bei internationalen Zahlungen mit der traditionellen Infrastruktur fallen oft hohe Kosten und Verzögerungen durch Korrespondenzbanken an. Mit wCBDC können Transaktionen jedoch direkt zwischen den Parteien abgewickelt werden – ohne teure Intermediäre.

Der praktische Nutzen geht aber über Kostenreduktion hinaus. Dank der 24/7-Abwicklung auf einer DLT-Plattform können Banken Zahlungsströme flexibler gestalten und so ein effizienteres Liquiditätsmanagement betreiben. Dies ist nicht nur ein Vorteil für die Bank selbst, sondern auch für die Geschäftskunden, denen innovativere Dienstleistungen angeboten werden können.

Weiterhin öffnet die DLT-basierte Infrastruktur Türen für gänzlich neue Geschäftsmodelle. Die Nutzung von Smart Contracts – also automatisierten Verträgen – auf der Blockchain ermöglicht zum Beispiel automatisierte Zahlungsverträge oder den Handel tokenisierter Waren. Dies birgt sowohl im Interbankenmarkt als auch in Bereichen wie Handelsfinanzierung oder Kapitalmarkttransaktionen erhebliche Wachstumschancen.

Was passiert, wenn Banken nicht mitmachen?

Natürlich gibt es auch Risiken. Banken, die sich aktiv an der Gestaltung einer wCBDC beteiligen, müssen technologische Investitionen tätigen und regulatorische Unsicherheiten in Kauf nehmen. Die Governance solcher Plattformen, etwa wer über deren Nutzung und Zugang entscheidet, ist ebenfalls noch offen.

Dennoch: Der Preis des Nichthandelns könnte weitaus höher sein. Banken, die den Wandel ignorieren, laufen Gefahr, Marktanteile an flexiblere Wettbewerber zu verlieren. Korrespondenzbanken könnten, durch die sinkende Nachfrage nach ihren Services, langfristig in ihrer Rolle marginalisiert werden.

Die größten Gefahren lauern jedoch in der strategischen Positionierung. Eine wCBDC wird kommen – die Frage ist nicht, ob, sondern wann und in welchem Umfang. Finanzinstitute, die jetzt nicht aktiv sind, könnten schnell den Anschluss verlieren und in einem präferenziellen System ohne Einfluss verbleiben.

Fazit: Warum Banken handeln sollten

Der strategische Wert der wCBDC liegt nicht nur in deren technologischen Fähigkeiten, sondern in der Möglichkeit, Einfluss auf die Zukunft des internationalen Zahlungsverkehrs zu nehmen. Banken, die sich frühzeitig einbringen, sichern sich nicht nur Wettbewerbsvorteile, sondern können mitgestalten, statt lediglich zu reagieren.

Die Entwicklung und Nutzung einer wCBDC bieten die Chance, Kosten zu senken, Liquidität zu optimieren und innovative Geschäftsmodelle zu etablieren. Doch mit jeder weiteren Verzögerung riskieren Banken, zentrale Marktchancen zu verpassen. Es lohnt sich, jetzt aktiv zu werden – bevor die Entwicklung an ihnen vorbeizieht.

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