Interview

Request to Pay kommt – woran liegt das?

 Eric Waller PPI AG

Eric Waller

Senior Manager

  • 18.06.2025
  • Lesezeit 7 Minuten
Request to Pay 2025
Key Takeaways
  • Banken investieren nach der Instant Payment Regulierung nun verstärkt in Request to Pay.

  • Das Wachstumschancengesetz gibt den Banken einen zeitlichen Rahmen, um RTP ideal ausnutzen zu können.

  • Die Plattform PAYCY vereinfacht die Umsetzung von RTP.

Request to Pay (RTP) wurde bereits 2021 als neues SEPA-Nachrichtenformat offiziell eingeführt. Einen Durchbruch erreicht das Format jedoch erst jetzt. Im Gespräch mit Eric Waller, Senior Manager im Bereich Domestic Payments und Experte für Request to Pay, erfahren wir, woran das liegt und wie sich der Zahlungsverkehr für Banken, Unternehmen und Privatpersonen ändern wird.

Eric, wir wollen heute über Request to Pay sprechen. Fangen wir zunächst leicht verdaulich an: Wie funktioniert Request to Pay?

Request to Pay ist nichts weniger als das fehlende Puzzleteil zwischen Rechnung und Zahlungsauslösung. Man denke an einen herkömmlichen Kauf: Klar, meist zahle ich in dem Moment, in dem ich die Rechnung erhalte, etwa an der Kasse oder wenn das Paket bei Kauf auf Rechnung ankommt; aber es gibt immer einen Medienbruch. Meine Umsatzanzeige im Onlinebanking zeigt mir dann an, dass ich für Betrag X eingekauft habe, und auch bei welchem Händler, aber nicht, was in diesem Einkauf enthalten war. Gehen wir von einem Gerät, etwa einem Drucker, aus. Im Garantiefall muss ich nun die ausgedruckte Rechnung in meinen Unterlagen suchen, im schlimmsten Fall finde ich sie nicht. Mit RTP kann mir das nicht mehr passieren: Im Moment der Zahlung schickt mir der Händler eine Zahlungsaufforderung mit der Rechnung im Anhang. Ich akzeptiere sie, nehme das Gerät mit … und die Rechnung finde ich noch Monate später in meinem Onlinebanking, wenn der Garantiefall eintritt. Damit erreiche ich eine vollkommene Transparenz über meine Ausgaben.

Das klingt komfortabel, aber eine revolutionäre Entwicklung im Zahlungsverkehr haben wir mit diesem Beispiel bisher nicht erreicht.

Das war zunächst nur illustrativ, um die Funktionsweise zu erläutern, wie Request to Pay funktioniert. Die Use Cases gehen weit darüber hinaus. Insbesondere auf der Unternehmensseite rennt RTP offene Türen ein.

Hast du ein paar Beispiele parat?

Selbstverständlich. Für Unternehmen ist der Einsatz am Point of Interaction interessant, um die Customer Experience in Verkaufsgesprächen oder im E-Commerce zu verbessern. Besonders bei Luxusgütern mit persönlichem Beratungsgespräch gibt es einige Beispiele.

Beispiel 1: Du möchtest einen Fernseher kaufen und lässt dich in einem Laden beraten. Sobald du dich für ein Modell entschieden hast, initiiert der Verkäufer die Zahlung an Ort und Stelle, du kannst sofort bezahlen. Im Warenlager wird nach Abschluss der Rechnung bereits das Modell hervorgeholt. Während du an der Warteschlange an der klassischen Kasse vorbeigehst, rollt dein Fernseher bereits vor. Einladen, fertig.

Beispiel 2: Du möchtest neue Felgen auf deinem Auto haben. Du bringst dein Auto in die Werkstatt und entscheidest im Verkaufsgespräch, welche du haben möchtest. Gleiches Spiel: Sofortige Zahlung, gleichzeitig bekommen die Mitarbeiter in der Werkstatt die Information, welche Felgen der Kunde mit dem Kennzeichen XY haben möchte, und beginnen mit der Montage. Bis du dich vom Verkäufer verabschiedet hast, steht dein Auto bereit und du kannst fahren.

Und in beiden Fällen hast du eine digitale Rechnung in deinem Onlinebanking archiviert – kein Papierkram, den du zum Beispiel im Garantiefall in deinen Ordnern suchen musst.

Die Use Cases gehen noch weiter. Es ist nicht zu unterschätzen, wie sehr die Unternehmerseite die Potenziale von RTP bereits ausgelotet hat. Bereits 2021 haben wir von der PPI AG das gemeinsam mit der Euro Banking Association EBA in einem Survey festgestellt.

Jetzt haben wir bereits 2025, von einer breiten Akzeptanz von Request to Pay sind wir in Deutschland, aber auch in anderen EU-Ländern, weit entfernt. Vier Jahre lang ist wenig passiert. Gibt es Gründe zu glauben, dass sich das ändern wird?

Die gibt es! Und die Entwicklung ist bereits im vollen Gange. Unsere RTP-Plattform PAYCY schließt immer wieder neue Institute an, die Interesse an dem Format haben. Schon seit Beginn ist die DZ Bank dabei, jüngst werden es aber mehr, wie die BayernLB.

Der Zuwachs in letzter Zeit lag daran, dass die Rahmenbedingungen für RTP im Bankwesen gerade günstig sind. Bislang waren die Banken, im Gegensatz zu den Unternehmen, eher verhalten, was das Thema angeht. Das lag daran, dass RTP auf Bankenseite ein Investment voraussetzt, damit das Angebot Sinn ergibt.

Die größte Hürde mussten Banken durch die Instant Payment Verordnung bereits nehmen. Wenn man sich die genannten Use Cases anschaut, wird schnell klar, dass sie ohne Echtzeitzahlung oftmals nicht funktionieren. Daher wollten Banken nicht in das Format investieren, sie hatten andere Sorgen. Die Instant Payment Regulierung (IPR) fordert nicht nur, dass Echtzeitzahlungen möglich sind, mit Verification-of-Payee, 24/7-Sanktionsprüfungen etc. gehen die Anforderungen ja darüber hinaus. Hinzu kommen Themen wie Betrugsprävention, Liquiditätsmanagement … das sind große Brocken, mit denen Banken klarkommen mussten.

Vieles davon ist bereits gelöst und umgesetzt, oder die Umsetzungspläne für die Liveschaltung der IPR-Vorgaben am 9. Oktober 2025 sind auf der Zielgerade. Daher haben die Institute jetzt wieder Luft, um in anderes zu investieren – wie RTP. Das ist nun, da die Infrastruktur für Instant Payments flächendeckend vorhanden ist, besonders interessant für sie aufgrund des Wachstumschancengesetzes.

Das ist das Gesetz, welches die elektronische Rechnung ab 2025 fordert, oder?

Ja, aber das Gesetz tritt, ähnlich wie die Instant Payment Verordnung, schrittweise in Kraft. Ab 2025 müssen Unternehmen bereits elektronische Rechnungen empfangen können, das ist wahr. Versenden können müssen sie jedoch erst bis 2028. Damit befinden wir uns jetzt in einer Übergangsphase; und die ist für Banken ein „Window of Opportunity“. Ein Fenster, das sich schnell schließen wird.

Wie meinst du das?

In drei Jahren wird die Wirtschaft Lösungen haben (müssen). Die Frage ist nur, wer sie anbietet. ERP-Anbieter werden in den Wettstreit einsteigen, aber mit RTP haben Banken eine Möglichkeit, sich selbst ein Geschäftsfeld zu erschließen. Denn, wie zuvor erwähnt, RTP ist das bislang fehlende Bindeglied zwischen Rechnung und Zahlungsauslösung. Mit RTP können Banken das Versenden der elektronischen Rechnung von ihren Firmenkunden übernehmen. Damit haben sie die Möglichkeit, ihr voll umfassendes Banking-Ökosystem zu nutzen, von dem Versand der Rechnung bis zur Zahlung, die gesamte Kommunikation zwischen Sender und Empfänger in eigener Hand.

Hinzu kommt: Wer die Entwicklung von EU-Gesetzen etwas verfolgt, hat eine gewisse Ahnung, dass nach der Umsetzung der B2B-Pflicht für elektronische Rechnungen der Schritt zu B2C kommen wird. Banken haben jetzt noch die Möglichkeit, sich als Postbox für elektronische Rechnungen zu positionieren und diesen Markt zu besetzen. Konkretes Geld verdienen können sie dabei auf der Unternehmensseite, für die das Versenden und Empfangen von Rechnungen, deren Prüfung, die Buchführung und Archivierung künftig deutlich günstiger ausfallen wird. Einen Obolus können die Banken daher verlangen. Für ihre Firmenkunden wird es immer noch günstiger werden.

Das heißt, es lohnt sich für Banken, jetzt in RTP zu investieren. Wir hatten bereits PAYCY angesprochen – inwiefern hilft den Banken die Anbindung an PAYCY?

Wie PAYCY in den Banken eingebunden wird, hängt schlussendlich von der individuellen Bank ab. Wir können das Routing von EBICS-Kanälen übernehmen, oder auch Lösungen für das Onlinebanking für die Kunden bereitstellen. Die Firmenkunden können auch nur die Rohdaten einer Rechnung, beispielsweise per SAP, an die Bank senden, die Bank gibt sie an PAYCY weiter und PAYCY kreiert die pain.013-Nachricht. Da gibt es vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, mit denen es Banken erleichtert wird, ihren Kunden RTP anzubieten.

 


 

Die Gesprächsteilnehmer

Eric Waller ist ist Senior Manager im Bereich Consulting Payments bei PPI. Seit 2017 betreut der studierte Bankfachwirt vor allem Projekte für Massenzahlungsverkehr und Electronic Banking sowie für PAYCY, einer Plattform für das Bezahlverfahren Request to Pay. Davor war er mehr als 21 Jahre lang im Zahlungsverkehr der SaarLB tätig.

Die Fragen stellte Alexander Held, Content Marketing Manager.

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