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Nachhaltige Geldanlagen – bald wieder im Fokus?

Peter Mick

Peter Mick

Consultant

  • 08.10.2025
  • Lesezeit 6 Minuten
Nachhaltige Geldanlage Fokus
Key Takeaways
  • Trotz aktueller Ruhephase gewinnen nachhaltige Geldanlagen mittel- bis langfristig wieder an Bedeutung.

  • Regulatorische Vorgaben entwickeln sich weiter in Richtung mehr Transparenz und Verständlichkeit für Finanzinstitute und Privatanlegerinnen und -anleger.

  • Nachhaltig zu investieren bedeutet nicht, auf Rendite zu verzichten – dieses Vorurteil hält einer genaueren Betrachtung nicht stand.

Nachhaltige Geldanlagen haben in der öffentlichen Wahrnehmung zuletzt an Aufmerksamkeit verloren. Doch viele Vorurteile halten einer genaueren Betrachtung nicht stand. Der Beitrag zeigt, was nachhaltige Geldanlagen ausmacht, welche Strategien es gibt und dass sie oft besser performen als erwartet.

Aktueller Stand nachhaltiger Geldanlagen

Nachhaltige Geldanlagen sind längst kein Nischenthema mehr, sondern Teil des umfassenden ESG-Rahmens, der den Finanzsektor zunehmend prägt und gleichzeitig vor komplexe Herausforderungen stellt. Besonders in diesem Bereich zeigt sich, dass viele regulatorische Vorgaben sehr komplex und nur schwer verständlich sind. Sowohl Finanzinstitute als auch Endkundinnen und Endkunden tun sich schwer damit, Nachhaltigkeitskriterien korrekt zu verstehen und in ihre Anlageentscheidungen einzubinden. Das führt dazu, dass nachhaltige Geldanlagen derzeit weniger stark nachgefragt werden.

Hinzu kommt die angespannte geopolitische Lage: Viele Anlegerinnen und Anleger wenden sich angesichts von Konflikten und wirtschaftlicher Unsicherheit wieder verstärkt traditionellen Anlageformen zu. Nachhaltigkeit rückt dabei häufig in den Hintergrund oder wird als weniger wichtig wahrgenommen. Doch das Thema jetzt abzuschreiben, wäre zu früh und zu kurz gedacht.

Mittel- bis langfristig wird das Thema Nachhaltigkeit im Finanzsektor wieder stärker in den Fokus rücken und damit auch das Interesse an nachhaltigen Geldanlagen. Regulatorische Vorgaben wie die Offenlegungsverordnung oder die EU-Taxonomie sichern die langfristige Verankerung von Nachhaltigkeit bei Finanzinstituten und insgesamt in der Finanzbranche. Auch die geplante Retail Investment Strategy der EU zielt darauf ab, die Transparenz für Anlegerinnen und Anleger insgesamt zu erhöhen. Dies könnte mittelbar dazu beitragen, dass Informationen über nachhaltige Produkte besser zugänglich und verständlicher werden. Zudem befindet sich die Offenlegungsverordnung derzeit in Überarbeitung, um die Transparenz weiter zu verbessern und die Anwendbarkeit für Anlegerinnen und Anleger zu erhöhen.

Wer tiefer in die regulatorischen Hintergründe und die Auswirkungen der RIS einsteigen möchte, findet dazu alle Details im Fachbeitrag meiner Kollegin Sandra Reinhard. Einen Überblick über den aktuellen Stand und die geplanten Änderungen der Offenlegungsverordnung bietet der Beitrag meines Kollegen Stefan Fritz.

Retail Investment Strategy: Die heiße Phase im Trilog beginnt

Vor dem Hintergrund der langfristigen Bedeutung nachhaltiger Geldanlagen lohnt sich ein genauerer Blick auf die Frage, was sie auszeichnet, welche Anlagestrategien dabei zum Einsatz kommen und wie sich ihre Performance insgesamt darstellt.

Das Konzept nachhaltiger Anlagen

Bei nachhaltigen Geldanlagen steht nicht nur die finanzielle Rendite im Fokus, auch ökologische, soziale und unternehmensbezogene Kriterien werden gezielt berücksichtigt. Gemeint sind die sogenannten ESG-Kriterien: Environmental, Social und Governance. Auf diese Weise sollen negative Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft verringert oder sogar vermieden werden.

Ein weiterer Effekt nachhaltiger Geldanlagen ist ihre steuernde Wirkung auf dem Kapitalmarkt. Kapital wird in Unternehmen gelenkt, deren Geschäftsmodell ökologische und soziale Ziele verfolgt oder die verantwortungsvoll geführt werden.

Durch diese gezielte Umlenkung entsteht ein Anreiz für andere Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle ebenfalls nachhaltiger auszurichten. Dieses Prinzip ist auch politisch gewollt und im EU-Aktionsplan „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ ausdrücklich als Ziel verankert.

Anlagestrategien im Überblick

Finanzinstitute nutzen verschiedene Anlagestrategien, um Nachhaltigkeitsaspekte in ihre Anlageprofile zu integrieren. Diese Strategien legen fest, wie ökologische, soziale und unternehmensbezogene Aspekte bei der Auswahl und Bewertung von Investitionen berücksichtigt werden. Je nach Ausgestaltung fließen Nachhaltigkeitsaspekte dabei in ganz unterschiedlicher Weise in die Anlageentscheidung ein.

  • Ausschlusskriterien: Hierbei werden bestimmte Branchen, Länder oder Geschäftspraktiken konsequent aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen, etwa fossile Energieträger, Waffen, Glücksspiel oder Kinderarbeit. Ziel ist es, kein Kapital in Bereiche zu lenken, die gegen spezifische Kriterien verstoßen.
  • Best-in-Class-Ansatz: Dieser Ansatz schließt keine Branchen aus, sondern fokussiert sich innerhalb jeder Branche gezielt auf Unternehmen, die im Vergleich die besten Umwelt- und Sozialleistungen aufweisen.
  • Nachhaltige Themenfonds: Bei dieser Strategie wird in Fonds mit thematischem Fokus investiert, die gezielt in nachhaltige Zukunftsbereiche wie erneuerbare Energien, Kreislaufwirtschaft, Wasser oder soziale Infrastruktur investieren. Im Fokus stehen Unternehmen, die ökologische oder soziale Ziele direkt unterstützen.
  • Impact-Investing: Hier steht die messbare, positive Wirkung im Mittelpunkt. Neben finanziellen Zielen geht es darum, mit der Investition gezielt soziale oder ökologische Effekte zu erzielen, etwa durch Projekte zur CO₂-Reduktion, zur Armutsbekämpfung oder zum Ausbau nachhaltiger Infrastruktur. Charakteristisch für diesen Ansatz ist, dass die erzielte Wirkung konkret messbar gemacht werden kann.
  • Engagement: Bei diesem Ansatz wird der Dialog mit Unternehmen aktiv genutzt, um Verbesserungen im Umgang mit ESG-Kriterien zu erreichen. Ziel ist es, eine nachhaltige Veränderung anzustoßen, etwa durch gezielte Rückfragen an das Unternehmen oder durch Hinweise auf kritische Aspekte. Zusätzlich können Stimmrechte auf Hauptversammlungen genutzt werden, um Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen zu nehmen.
  • ESG-Integration: Bei dieser Strategie werden ESG-Kriterien systematisch in die Unternehmensbewertung einbezogen. Neben finanziellen Kennzahlen fließen auch Nachhaltigkeitsaspekte in die Analyse ein, etwa Informationen zu CO₂-Emissionen, Arbeitsbedingungen oder Unternehmensführung. Der Ansatz basiert auf der Annahme, dass ESG-Kriterien langfristig auch die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens beeinflussen könnten.

 

Die Performance nachhaltiger Geldanlagen

Der Mythos, dass nachhaltige Geldanlagen automatisch Renditeverzicht bedeuten, ist längst überholt. Tatsächlich ist die Realität differenzierter. Analysen zeigen, dass nachhaltige Fonds traditionellen Geldanlagen in puncto Performance nicht nachstehen. Die Performance hängt stark von der gewählten Strategie, dem Marktumfeld oder der Titelauswahl ab. Es gibt nachhaltige Produkte, die sehr erfolgreich sind, und andere, die hinter den Erwartungen zurückbleiben, genau wie bei traditionellen Investments.

Demnach schließt nachhaltiges Investieren keinesfalls attraktive Renditen aus. So zeigt etwa eine Studie von Morningstar für den Zeitraum 2019 bis 2023, dass nachhaltige Fonds im Median rund 4,7 Prozent mehr Rendite erzielten als vergleichbare konventionelle Fonds, bei vergleichbarem Risiko (Morningstar Global Sustainable Fund Flows Report, Januar 2024).

Wer nachhaltig Geld anlegt, kann demnach wirtschaftliche Ziele und verantwortungsbewusstes Investieren miteinander verbinden.

 

Fazit

Nachhaltige Geldanlagen sind derzeit weniger stark nachgefragt, unter anderem aufgrund komplexer regulatorischer Vorgaben und eines insgesamt herausfordernden Marktumfelds. Ihre langfristige Relevanz steht jedoch außer Frage, und auch im Hinblick auf die Performance besteht kein Grund, auf nachhaltige Anlageformen zu verzichten. Nachhaltige Geldanlagen bleiben ein spannendes Feld, in dem sich noch viel bewegen wird und das keinesfalls als erledigt betrachtet werden sollte.

Wir behalten die Entwicklungen für Sie im Blick und stehen für Fragen oder einen Austausch jederzeit gerne zur Verfügung.

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